2006 (Schulz und Schulz Architekten GmbH, Leipzig)
Architekturbüro:
Schulz und Schulz Architekten GmbH, Leipzig
Bearbeitungsteam: Prof. Ansgar Schulz, Prof. Benedikt Schulz, Paul Stampa, Niklas von Werder, Friedel Schulz, Matthias Hönig
Architekturbüro:
Haberland Architekten PartG mbB, Berlin
Bearbeitungsteam: Prof. Jost Haberland
Landschaftsarchitekturbüro:
POLA Landschaftsarchitekten GmbH, Berlin
Bearbeitungsteam: Jörg Michel, Sara Perovic
Weitere Kooperationspartner/-innen:
Beckh Vorhammer – beratender Ingenieur + Ingenieure PartG mbH, München
Bearbeitungsteam: Prof. Dr.-Ing. Matthias Beckh
Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig
Bearbeitungsteam: Richard Gülde
Andres + Partner Partnerschaft mbB für Lichtplanung, Hamburg
Bearbeitungsteam: Prof. Peter Andres, Jule Leu
Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart
Bearbeitungsteam: Prof. Thomas Auer
Beurteilungstext der Jury:
Der Entwurf zeichnet sich durch eine klare Dimensionierung und Positionierung der beiden Baukörper aus, die den stadträumlichen Rahmen für die Bornplatzsynagoge herstellen. Die Synagoge ist freigestellt, aber auch die Reformsynagoge, die am Ende des südlichen Baukörpers noch einen markanten Abschluss bildet, schafft eine überzeugende Präsenz. Der raumbildende und gleichzeitig objekthafte Baukörper im Süden leistet viel im Selbstverständnis der beiden Synagogen an diesem Ort. Dieser sich leicht abwendende, kraftvoll hohe Baukörper schafft im Dialog mit der wiederaufgebauten historischen Synagoge eine stimmige Platz- und Eingangssituation – und klärt städtebaulich auch den räumlichen Abschluss zur Universität.
Die Bornplatzsynagoge wird rekonstruiert – das Baumaterial ist der historische Ziegel. Absicht ist, die Rekonstruktion so präzise wie möglich, aber auf das Wesentliche reduziert auszuführen. Sowohl der Detailschnitt als auch Zuordnung der Räume im Innern dokumentieren die tragfähige und gut nachvollziehbare Zielsetzung und lassen eine gestaltungssichere, hochwertige Umsetzung erwarten.
Der Hauptzugang führt zunächst auf eine Art Galerie, die einen Blick in den tieferliegenden Gemeindesaal öffnet. Das Bauvolumen der historischen Synagoge soll zukünftig ausschließlich die zwei besonderen, für die Gemeinde wesentlichen Räume beinhalten: den Gemeindesaal und den orthodoxen Synagogenraum. Der Gemeindesaal gewinnt durch die Tieferlegung an Raumhöhe und Atmosphäre – bewältigt zudem die Herausforderung eines schwellenlosen Zugangs. Das umlaufende Fensterband sorgt für eine gute Belichtung. Die Verbindung zwischen Küche und Gemeindesaal überzeugt durch ihre Einfachheit. Insgesamt ist das Untergeschoss mit der Lage der Küchen- und Mikwenräume klar strukturiert.
Die Erschließung des orthodoxen Synagogenraums ist ungewöhnlich. Den zentralen, tieferliegenden Bereich über einige Stufen zu erreichen, zieht unnötige Herausforderungen nach sich. Auch genügt die Ausformulierung und Nutzbarkeit des Rundgangs sowie der Mechitza nicht den Nutzungsanforderungen.
Vorbehalte bestehen gegenüber der expressiv räumlichen Ausgestaltung des orthodoxen Gebetsraums, der unruhig und aufgeladen empfunden werden könnte, wie auch der gläsernen Kuppel, die in Analogie zur Glaskuppel des Reichstags wie die Rekonstruktion einer beschädigten Synagoge wirken könnte. Der allzu aufgeladene Innenraum wird durch das starke Zenit-Licht, welches durch die gläserne Kuppel in den Raum fällt, noch verstärkt. Gleichzeitig fasziniert die Besonderheit der Kuppel dieses Entwurfs als ein markantes Zeichen und findet als interessante Weiterentwicklung des historischen Baus auch Lob.
Im Innenraum der Reformsynagoge richtet sich der Fokus auf die dominante Verglasung der oberen Raumhälfte, die zu deutlich in ein Oben und Unten trennt. Die Außenfassade der Reformsynagoge mit ihrer formal gelungenen Dreiteilung – Sockel, Hauptteil, Dach – lässt ein großzügiges Raumerlebnis erwarten; die Eingangssituation geprägt von einem profanen Treppenraum – wird diesem Versprechen noch nicht hinreichend gerecht.
Die rückwärtigen Bauteile sind klar strukturiert. Die routiniert aufgebaute Fassadengliederung spiegelt das wider. Ein feinmaßstäblicher gestalterischer Spielraum wird dabei noch offengehalten.
Die Arbeit weiß in ihrer Gesamtheit zu überzeugen, und besticht durch ihre präzise architektonische Ausarbeitung. Sie ist konsequent durchgestaltet und bietet eine schlüssige Vorstellung vom Neben- und vor allem Miteinander der beiden Synagogen. Durch das einheitliche Material, die stadträumliche Klarheit und die gleichzeitig unabhängigen architektonischen Aussagen zeichnet die Arbeit ein realistisches Bild der Stadtreparatur und der Verwirklichung des Wiederaufbaus der Bornplatzsynagoge.
Freiraum
Der Freiraum wird getrennt in zwei Platzräume und umfangreiche, begehbare Gartenbereiche, die sich auf drei Seiten um die Synagogen erstrecken und so dem Synagogenensemble einen vegetationsbetonten Rückraum geben. Der südliche Gartenteil kann in Gänze durch Schiebetore sinnvoll abgetrennt werden. Hier hilft die räumliche Verengung zur Schule hin. Der Allende-Platz wird offen gehalten und nimmt die Außengastronomie des Cafés auf. Er geht über in den Bornplatz, der partiell durch Höhenunterschiede und Baumpflanzungen gesichert wird, die fein in die Platztopografie integriert werden. Der Übergang zur Straße ist dagegen hart abgepollert. Die Unterbauung erfolgt vollflächig zwischen den Baukörpern 1 und 2, die anderen Freiräume bleiben frei und ermöglichen somit Pflanzungen mit tieferem Wurzelwerk.