3. Preis

2002 (Atelier Kempe Thill Thörner Kaczmarek Generalplanungsgesellschaft mbH, Düsseldorf)


Erläuterungsbericht

Architekturbüro:
Atelier Kempe Thill Thörner Kaczmarek Generalplanungsgesellschaft mbH, Düsseldorf
Bearbeitungsteam: Oliver Thill, André Kempe, Felix Thörner, Christian Kaczmarek, Claudia Bielak, Katharina Klegraf, Jiaxin Liu,
Luis Pedroza, Felix Piel, Jasper Straukamp, Reinier Suurenbroek, Gordon Trill; Visualisierungen: Filippo Bolognese Images, Mailand, Italien

Landschaftsarchitekturbüro:
hochC Landschaftsarchitektur GmbH, Berlin
Bearbeitungsteam: Carla Bruckmann, Pierre Bousquet

Weitere Kooperationspartner/-innen:
B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt (a.M.)
Bearbeitungsteam: Agnes Weilandt, Janek Zindler

ZM-I Fire + Risk GmbH, München
Bearbeitungsteam: Ralf Schnetgöke

Drees & Sommer SE, Berlin
Bearbeitungsteam: Sandra Beindrelssler, Ingmar Harks, David Schenke, Denis Greim

K&P Planungsbüro GmbH, Düsseldorf
Bearbeitungsteam: Milena Pohl, Ulrich Seidel, Max Thyson

Beurteilungstext der Jury:
Die Verfassenden schlagen vor, die im Erdreich vorhanden historischen Strukturen als Ausgangspunkt und Fundament des neuen jüdischen Zentrums zu nutzen. Alle vorhanden Steine und Fragmente sollen beim Aufbau der neuen Synagoge verwendet werden und so auch wieder sichtbar werden. Die Jury bewertet diese grundlegende Idee und die Anmutung der orthodoxen Synagoge sehr positiv.

Die neuen Gebäude rahmen die Synagoge mit zwei Gebäuderiegeln auf städtebaulich plausible Weise. Die Reformsynagoge ist Teil des südlichen Gebäuderiegels. Kritisch wird die Höhe des nördlichen Riegels gesehen, vor allem in Bezug zum unter Denkmalschutz stehenden Bildungshaus.

Die äußere Anmutung der beiden Riegel einschließlich der Reformsynagoge wird kontrovers diskutiert. Die Gebäude mit den Verwaltungs- und Wohnnutzungen werden teilweise als sehr unprätentiös, für den Ort und die Nutzung zu unspezifisch bewertet.

Es wird positiv diskutiert, dass das Volumen und die Fassadengestaltung der Reformsynagoge auf den ersten Blick an die Synagoge in der Oberstraße in Hamburg denken lassen. Allerdings unterscheiden sich die beiden Gebäude bei genauerem Hinschauen im Detail und in der Anmutung eklatant voneinander. Während die Synagoge in der Oberstraße im Geist der 20er Jahre und des neuen Bauens vom Städtebau bis ins Detail eine sehr einladende, flächige und in allen Details eher leichte, feine und heitere Anmutung ausstrahlt, erscheint das nun für die Reformsynagoge vorgeschlagene Gebäude sich unglücklicherweise Motiven zu bedienen, die eher ab Mitte der 1930er Jahre in Gebäuden verwendet wurden. Es wird darüber diskutiert, dass das massiv und schwer wirkende Naturstein-Mauerwerk, die Gesimse und die wie Zinnen wirkenden Dachaufbauten festungshaft, abweisend und schwer wirken.

Im Zusammenspiel mit der wiederaufgebauten Synagoge scheint die Reformsynagoge sehr kräftig und monumental, die orthodoxe Synagoge scheint gegenüber dem Neubau eher in den Hintergrund zu treten.

Der Innenraum der orthodoxen Synagoge überzeugt durch die Wiederherstellung der historischen Hülle und die Ergänzung durch zeitgemäße Innenausbauten. Der Innenraum der Reformsynagoge wird etwas kontrovers diskutiert. Die in der Visualisierung dargestellte Durchlässigkeit und Durchsichtigkeit der Etage wird teilweise im Hinblick auf die Nutzung für Gottesdienste kritisch gesehen. Eine visuelle Trennung wäre nötig, würde aber gleichzeitig die Anmutung des Raumgefüges stark negativ beeinflussen.

Insgesamt überzeugt dieser Entwurf vor allem durch die städtebauliche Setzung, die konsequente Verwendung der historischen Elemente und Fundamte und den ebenso konsequenten Wiederaufbau der orthodoxen Synagoge im Innenraum.

Im Gegensatz dazu strahlt der Neubau eine Anmutung aus, die für diese Aufgabe schwierig erscheint.

Freiraum
Der Freiraum ist hochgradig mineralisch und hart, der gesamte Raum wird platzartig gepflastert. Nur Nuancen deuten eine Differenzierung oder das Potential der Flächen an, das aber nicht ausgeschöpft wird. Insbesondere im Bereich zwischen Schule, orthodoxer Synagoge und baumbestandenen Hinterhof im Osten. Bis auf wenige Restflächen sind alle Bereiche des öffentlichen Freiraums unterbaut, mit geringem Aufbau und nicht versickerungsfähig. Mit den frei vom Platz zugänglichen, lang gezogenen Lichtschächten entlang der Seite der Synagoge entstehen unangemessene Vorzonen zum zentralen Bauwerk, die gleichzeitig eine Sicherheitsschwäche darstellen. Sie zu begrünen, hilft nicht. Die zentrale Platzfläche ist zur Straße durch Heckenbänder teilweise mit Bänken kombiniert abgegrenzt. In diesem Prinzip wird auch der Allende-Platz linear gegliedert. Toranlagen können den hinteren Bereich verschließen.

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